Freitag, 23. September 2016

Teilzeit-Hippie



Im Allgemeinen sind meine Hippie-Fähigkeiten eher übersichtlich und schwäbische Grundtugenden überwiegen. Wenn nicht im Urlaub, wann dann könnte man sich aus diesen festgefahrenen Mustern befreien und einmal ganz neue Rollen ausprobieren? Der kleine Bruder mit VW-Campingbus ist ja quasi der wichtigste Schritt. Obendrauf noch einen Windsurfkurs, eine mit Klebeband am Armaturenbrett befestigte Sonnenblumen und schon war die Basis-Ausstattung beisammen. 
Na ja, so ganz aus meiner Haut kann ich dann halt doch nicht. Die große Freiheit des mobilen Heims ist mindestens dreimal so schön, wenn man zuvor den ganzen Kühlschrank mit Reiseverpflegung vollstopft und auch wenn mein erstes Mal Campingplatz an sich lange nicht so traumatisch war wie der innere Spießer zuvor befürchtete, habe ich es spätestens nach zwei Tagen sehr bedauert nicht an einen kleinen Besen gedacht zu haben, um ab und an mal rauszukehren. (Man merkt - schwäbische Grundtugend Kehrwoche. Die wird man einfach nicht mehr los.)



Nichtsdestotrotz hatten wir einen wirklich sehr schönen und extrem sauberen Campingplatz erwischt und sind jeden Morgen mit Sicht auf den See wach geworden. Apropos See: Der Gardasee war der ideale Kompromiss für Menschen, deren Urlaubserwartungen unterschiedlicher nicht sein könnten. ("Ein Urlaub wird erst dann gut, wenn man eine Jacke braucht." vs. "Ich will schon beim Rumliegen schwitzen." Und "Man kann auch gut mal nur den ganzen Tag rumliegen." vs. "Hopp hopp, Sachen anschauen, alles abklappern und Action!")
Der Surfkurs war perfekt, um jeden Tag zumindest ein bisschen Programm zu haben. Außerdem  habe ich bald festgestellt, dass die meisten Orte (auf den Bildern: Malcesine) zwar an sich ganz nett sind aber auch furchtbar touristisch und überlaufen. Insofern war das Ersatzprogramm mit Lesen (dazu bald mehr) und Gammeln doch ganz willkommen und in einem schlimmen Fall von Unterbeschäftigung kann man ja immer noch einen Berg besteigen und von oben auf den See schauen. (Kleiner Tipp am Rande: Spart euch den Monte Baldo mit der Seilbahn. Da will jeder hoch und die Wartezeiten sind teilweise enorm. Wir haben einen weniger bekannten Berg direkt vor unserer Haustür genommen und hatten trotzdem wundervolle Wege und nicht nur HalliGalli.)



Werden mich die offensichtlichen Vorteile wie Bettwäsche, die nicht nach muffig und fremd riecht, sondern nach daheim und vertraut vielleicht auf Dauer doch noch zum Vollzeit-Hippie machen? Hmm, mal abwarten. Den Bus habe ich auf jeden Fall ins Herz geschlossen, der nächste Trip ist zumindest schonmal angedacht und schön war es definitiv.

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